Schwalben – Zuhause gesucht

Schwalben werden eine Menge Dinge nachgesagt: Dem Volksmund nach sollen sie z. B. jenen Höfen Segen bringen, unter deren Dächern sie Nester bauen. Die Mehlschwalbe gilt als Botin des Sommers; wenn sie aus dem Süden zurückkehrt, beginnt die warme Jahreszeit. Rauchschwalben hingegen gelten als Wetterbarometer; das Sprichwort „Alle Schwalben fliegen tief“ ist laut NABU ein Indiz für einen Wetterumschwung mit Regen. Tatsächlich ist an der Redensart etwas dran: Insekten, Hauptfutter der Schwalben, halten sich bei Tiefdruck näher am Boden auf – und die Schwalben folgen ihnen.
Merkmale

Die Rauchschwalbe (Hirundo rustica) kann in Deutschland zwischen April und Oktober beobachtet werden. Sie ist 17 bis 19 Zentimeter groß, hat eine Flügelspannweite von bis zu 34 Zentimeter und kann vor allem im Flug sehr gut an ihrem tief gegabelten schwarzen Schwanz von der Mehlschwalbe unterschieden werden. In manchen Regionen wird sie deshalb auch „Spießschwalbe“ genannt.
Jede Schwanzfeder hat einen kleinen weißen Fleck, der wichtig für die Partnerwahl ist. Ihr Gefieder glänzt blauschwarz, der Bauch ist weiß mit einem schwarzen Brustband, das Gesicht kastanienrot. Rauchschwalben fliegen häufig niedrig und pfeilschnell, dabei erreichen sie laut NABU eine Geschwindigkeit von bis zu 20 Metern pro Sekunde bei vier bis zehn Flügelschlägen, durchaus auch mit plötzlichen Richtungswechseln.
Die Mehlschwalbe (Delichon urbicum) ist mit 13 bis 15 Zentimetern kleiner als die Rauchschwalbe und wirkt dabei leicht gedrungen. Auch ihr Schwanz ist gegabelt, aber kürzer als der der Rauchschwalbe und ohne Spieße. Oberseite und Flügel sind schwarz, am Kopf und Rücken kann sie metallisch blau schimmern. Kehle, Bauch und Bürzel (hintere obere Rückenpartie) sind weiß.
Lebensraum und Nahrung

Beide Schwalbenarten sind Zugvögel, die sich ab September auf den Weg in ihre Winterquartiere im südlichen Afrika machen. Die Rauchschwalbe kehrt vor der Mehlschwalbe ab Mitte März zurück und bleibt bis in den Oktober hinein hier. Die Mehlschwalbe folgt ab April.
Hierzulande fühlen sich Schwalben durchaus auch in menschlich geprägten Umgebungen wohl, z. B. innerhalb von Gebäuden oder unter Dächern. Allerdings bevorzugt die Rauchschwalbe in der Regel ländliche Gegenden und siedelt sich in Scheunen, Ställen oder Höhleneingängen, aber auch in Garagen oder Carports an, vor allem in geschützten Ecken.
Die Mehlschwalbe bevorzugt Ortschaften mit höheren Gebäuden und ist deswegen auch häufig in Städten oder Siedlungen anzutreffen. Damit Schwalben möglichst ungehindert rein- und rausfliegen können, sollte deswegen ab dem Frühjahr eine Einflugmöglichkeit offengehalten werden.
Schwalben ernähren sich von Insekten, z. B. Mücken oder Fliegen, die sie im Flug erbeuten. Deswegen suchen sie zur Nahrungssuche offene Landschaften oder insektenreiche Gewässer auf. Ihre Flughöhe passen sie dabei den Insekten an, deren Flughöhe wiederum vom Wetter abhängt: Bei schönem Wetter fliegen Insekten und Schwalben hoch, bei Tiefdruckgebieten eher niedrig – die Rauchschwalben sind dabei niedriger unterwegs als die Mehlschwalben.
Bei ihrem Flug in den Süden benötigen Schwalben jede Menge Energie, um die anstrengende und kräftezehrende Reise von mehreren tausend Kilometern zu überstehen. Daher reagieren sie sensibel auf Extremwetterereignisse, die jedoch aufgrund des Klimawandels in den letzten Jahren immer häufiger geworden sind. Kommt es plötzlichen Kälteeinbrüchen oder Starkregen, brauchen sie mehr Energie; gleichzeitig fliegen keine Insekten mehr, so dass den Schwalben ihre Nahrungsgrundlage fehlt und ihre Fettreserven schrumpfen.
Lebensweise und Fortpflanzung

Rauchschwalben bauen ihre Nester aus Schlamm und Stroh, häufig an Mauern, Wänden oder unter Decken. Feuchte Erde und Klümpchen werden laut NABU mit Stroh verklebt, das Innere wird geglättet und mit feinen Federn ausgepolstert. Die Nester sind schalenförmig, nach oben offen und erinnern dabei an Balkone.
Auch Mehlschwalben bauen Lehmnester unter Dach- und Fassadenvorsprüngen oder in Nischen an Felswänden und verwenden dafür bis zu 1.500 gesammelte Lehmkügelchen. Ihre Nester sind rund und bis auf ein kleines Einflugloch geschlossen. Mehlschwalben gelten als sehr brutorttreu, d. h. sie kehren immer wieder zu ihrem Nest zurück. Schwalbennester sind grundsätzlich gesetzlich geschützt und dürfen weder entfernt noch beschädigt werden.
Wenn das Nest der Rauchschwalbe fertig ist, legt das Weibchen vier bis fünf Eier und brütet etwa zwei Wochen. Sobald die Jungen geschlüpft sind, versorgen beide Eltern sie mit Nahrung. Die Insekten werden im Kehlsack gesammelt und als fester Futterballen an die Jungen verfüttert. Mit etwa 20 Tagen sind die Jungen flügge und verlassen erstmals das Nest; im Juli beginnt bereits die zweite Brut.
Die Mehlschwalbe brütet ebenfalls zweimal, allerdings später zwischen Mitte Mai und Mitte September. Die Brutdauer liegt bei 14 bis 16 Tagen, nach etwa 23 bis 30 Tagen fliegen die Jungschwalben zum ersten Mal aus. Anfangs werden sie dabei von ihren Eltern und anderen erwachsenen Vögeln begleitet und abends wieder zurück ins Nest gebracht.
Gefährdung und Gefahren

In den letzten Jahrzehnten sind die Bestände von Rauch- und Mehlschwalben rapide gesunken. Laut GEO gibt es deutschlandweit aktuell nur noch 500.000 bis 920.000 Brutpaare unter den Mehlschwalben und 455.00 bis 870.000 unter den Rauchschwalben.
Die Hauptgründe sind fehlende Nistmöglichkeiten, Insektenschwund, Pestizide in der Landwirtschaft und der Klimawandel. Die moderne Bauweise mit glatten, geschlossenen und hohen Fassaden bietet Schwalben immer weniger Möglichkeiten zum Nestbau, die Flächenversiegelung nimmt ihnen außerdem den Lehm, den sie dazu benötigen. Viele Bauern verschließen außerdem aus Angst vor Schwalbenkot ihre Ställe.
Fakt ist jedoch: Laut dem Bundesnaturschutzgesetz stehen sowohl Rauch- und Mehlschwalbe als auch Uferschwalbe unter besonderem Schutz, da sie als gefährdet gelten. Damit ist es verboten, die Tiere zu fangen oder zu töten; auch die Zerstörung ihrer Nester ist tabu.
Aber was kann man im Gegenzug tun, um den Nestbau der Schwalben zu unterstützen? Der NABU und der Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V. engagieren sich seit einigen Jahren mit dem Projekt „Schwalbenfreundliches Haus“ für ihren Schutz. Bei dieser Aktion erhalten Hausbesitzer eine Plakette, die Schwalben an ihren Gebäuden brüten lassen bzw. das Brüten sogar fördern, z. B. durch die Anlage einer Lehmpfütze.