Eidechsen: Hauptsache warm
Aus einem Urlaub in Südeuropa sind sie nicht wegzudenken: Meist sitzt man nur wenige Minuten auf der sonnigen Terrasse und schon sieht man ein Exemplar über die warmen Steine huschen. Im kühlen und nassen Deutschland ist deutlich mehr Glück notwendig, da von den weltweit 370 bekannten Eidechsenarten gerade einmal fünf hier leben und außerdem gefährdet sind: Waldeidechse, Zauneidechse, Mauereidechse, Westliche und Östliche Smaragdeidechse. Die wechselwarmen Reptilien können ihre Körpertemperatur nicht selber regulieren – ohne Sonne und Wärme läuft nichts, weswegen sie trockene Lebensräume bevorzugen.
Waldeidechse (Zootoca vivipara)
Mit einer Gesamtlänge von 15 bis 18 Zentimetern ist die Waldeidechse die kleinste Eidechse Deutschlands. Etwa zwei Drittel der Länge nimmt der Schwanz ein, Kopf und Rumpf machen insgesamt gerade mal fünf Zentimeter aus. Jungtiere sind insgesamt nur etwa fünf Zentimeter groß. Auf der Oberfläche sind – wie bei allen Reptilien – Schuppen, die in verschiedenen Brauntönen gefärbt sind. Der Rücken ist hellbraun bis beige, rot- oder schwarzbraun, häufig ist eine feine, dunkle Längslinie auf der Rückenmitte zu sehen. Kehle und Hals sind hellgrau. Laut NABU ist das Halsband mit einer Reihe großer Schuppen an der Unterseite des Halses charakteristisch.
Männchen sind häufig auffälliger gezeichnet: Brust und Bauch sowie die Unterseiten der Oberschenkel und des Schwanzes sind kräftig gelb bis orangerot gefärbt und schwarz gefleckt – und damit klar von der hellen Kehle abgesetzt. Sie haben außerdem etwas größere Köpfe und dickere Schwanzwurzeln. Weibchen sind meist heller, fast ungefleckt und der Übergang von der hellen Kehle zur Brust ist fließend.
Lebensraum und Nahrung
Keine andere Reptilienart lebt so hoch im Norden wie die Waldeidechse. Sie ist im gesamten Nord- und Mitteleuropa, u.a. auch in Irland, den Pyrenäen, dem Ostalpenraum und der russischen Barents-See, zuhause. Sie siedelt in Polarregionen und Höhenlagen über 800 Meter ü. M. Dementsprechend ist sie vor allem im Gebirge zu Hause, wo sie nur in den tieferen und sonnigeren Lagen Konkurrenz von der Zaunechse bekommt.
In Deutschland kommt sie fast flächendeckend vor, da sie etwas kühleres und feuchteres Klima bevorzugt als andere Eidechsen. Die Waldeidechse heißt in Norddeutschland auch Mooreidechse, in Süddeutschland Bergeidechse; alle Namen entsprechen ihren bevorzugten Lebensräumen. Sie bewohnt laut NABU vor allem Waldränder und -lichtungen, sumpfige und moorige Lebensräume und das Gebirge oberhalb der Baumgrenze. Dabei hält sie sich vor allem auf dem Boden auf und klettert kaum. Sie sonnt sich gerne auf Baumstümpfen, Steinen, Mauern, Holzhaufen und -brücken sowie Bootsstegen. Ihre Nahrung besteht aus Insekten, Spinnen, Waldgrillen, Käfern, Raupen und Ameisen. Anders als andere Eidechsen frisst sie keine Pflanzen, Früchte oder Blüten.
Lebensweise und Fortpflanzung
Bei Gefahr hat die Waldeidechse, wie andere Eidechsenarten auch, die Fähigkeit, ihren Schwanz innerhalb von Sekundenschnelle abzuwerfen. Dafür sind am Schwanz Bruchstellen vorhanden. Das Schwanzteil zuckt noch einige Minuten weiter, so dass Fressfeinde ablenkt und die schwanzlose Eidechse fliehen kann. Innerhalb weniger Monate wächst der Schwanz nach, die ursprüngliche Länge wird in der Regel jedoch nicht mehr erreicht. Waldeidechsen, die in der Nähe von Gewässern leben, flüchten hingegen bei Gefahr ins Wasser und verstecken sich für ein paar Minuten unter Wasser zwischen den Pflanzen.
Ab März beginnt die Paarungszeit. Die Waldeidechse ist die einzige lebendgebärende Eidechsenart in Deutschland. Je nach Witterung kommen die Jungtiere ab der zweiten Augusthälfte zur Welt, in nasskalten Sommern kann es auch Oktober werden. Das Weibchen legt bis fünf bis zehn Eier in einer dünnen Hülle, die während der Geburt aufplatzt. Die Jungtiere sind sofort selbstständig, ihre Überlebensrate ist jedoch gering. Nur wenige werden ein Jahr alt, da sie ständig von Fressfeinden bedroht sind.
Gefährdung und Gefahren
Waldeidechsen haben etliche Fressfeinde, u. a. Raubvögel, Raben, Amseln, Drosseln und Katzen. Regional sind die Bestände gefährdet, wenn ihre Lebensräume zerstört werden: Moore, Heiden, Waldränder, Brachen und Feldhecken. Deswegen empfiehlt info fauna u. a. die Erhaltung naturnaher Waldränder und sonniger Lichtungen sowie die traditionelle Bewirtschaftung von Bergwäldern und Alpweiden. Moore und Sümpfe dürften nicht trockengelegt werden. Außerdem sollten Kleinstrukturen wie Holz- oder Steinhaufen gefördert werden.
Zauneidechse (Lacerta agilis)
Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) hat die Zauneidechse in 2020 und 2021 gleich zwei Jahre hintereinander zum „Reptil des Jahres“ ernannt. Sie gehört zur Gattung der Smaragdeidechsen, kann aber hinsichtlich ihrer Färbung und Zeichnung stark variieren. Häufig ist eine braune Rückenfärbung mit dunklen Flecken und drei dünnen weißen Linien. Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen durch smaragdgrüne Flanken und werden während der Paarungszeit im Frühjahr vorübergehend komplett smaragdgrün. Es kommen auch schwarze Exemplare, Tiere mit rotem Rücken oder ohne Zeichnung vor.
Lebensraum und Nahrung
Zauneidechsen kommen von England bis zum sibirischen Baikalsee und von Mittelschweden bis Griechenland vor. In Deutschland besiedeln sie alle Bundesländer, wobei der Schwerpunkt im Nordwesten liegt. Eine der größten Populationen liegt laut Bundesamt für Naturschutz im Wesertal (Nordrhein-Westfalen), ihr Gebiet hat sich dort allerdings nach Grünlandumbruch verlagert. Die Tiere gelten als anpassungsfähig und kommen deswegen in vielen unterschiedlichen Lebensräumen vor, u. a. Wald- und Feldränder, naturnahe Gärten, Weinberge, Felsen, Wiesen und Weiden, Dünen- und Heidegebiete, Grünstreifen entlang von Straßen, Bahnstrecken und Zäunen.
Um ihre Körpertemperatur regulieren zu können, benötigt die Zauneidechse sowohl Sonnenplätze als auch schattige Stellen. Sie versteckt sich gerne in Erdlöchern und verlassenen Baue anderer Tierarten, Stein- und Reisighaufen, Felsspalten, Baumhöhlen und -stümpfen. Hier überwintert sie auch häufig, wobei die Quartiere meist unterirdisch bis zu einer Tiefe von 1,5 Metern liegen.
Als Beute bevorzugen Zauneidechsen Insekten, Spinnen, Heuschrecken und Raupen. Auch Würmer und kleine Nacktschnecken werden gerne gefressen.
Lebensweise und Fortpflanzung
Von März bis maximal September ist die Zauneidechse aktiv. Ende März bis Anfang April erwachen zunächst die Männchen aus der Winterstarre, zwei bis drei Wochen später die Weibchen. Nach der Paarung produzieren die Weibchen vier bis 15 Eier und werden dadurch deutlich dicker. In dieser Zeit halten sie sich so viel wie möglich in der Sonne auf, um die Entwicklung der Eier zu unterstützen. Ende Mai bis Anfang August legen sie die Eier in kleine Löcher im Boden, die sie zuvor gegraben haben. Darin sind diese vor Austrocknung geschützt. Nach rund zwei Monaten – wenn die Temperaturen bei 20 bis 25 Grad liegen – schlüpft der Nachwuchs, ist sofort selbstständig und geht auf Nahrungssuche.
Insgesamt sind Zauneidechsen während des Sommerhalbjahrs aktiv, in der Regel bis maximal August oder September. In dieser Zeit sind sie tagaktiv und suchen gerne sonnige Plätze auf um sich aufzuwärmen. Sind die Temperaturen sehr hoch, ziehen sie sich in feuchte Bereiche oder die Vegetation zurück.
Gefährdung und Gefahren
Als Beute ist die Zauneidechse heiß begehrt: Sie wird von Greifvögeln wie Turmfalke und Mäusebussard, Mardern, Wieseln, Igeln, Vögel, Dachsen, Füchsen, Wildschweinen, Hauskatzen und Schlingnattern gerne gefressen.
Sie gehört zu den geschützten Arten und steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste. Da sie außerdem im Anhang der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union aufgelistet wird, dürfen ihre Lebensräume weder beschädigt noch zerstört werden. Die Realität sieht leider anders aus: Vor allem die moderne Land- und Forstwirtschaft, aber auch Flächenverlust und Grünlandumbruch gefährden die Bestände. Das Bundesamt für Naturschutz hat Empfehlungen zum Schutz der Zauneidechse und ihrer Lebensräume herausgegeben.
Mauereidechse (Podarcis muralis)
Die Verbreitung der Mauereidechse lässt sich laut NABU bis zu den Römern zurückverfolgen. Sie legten die Weinbaugebiete in ganz Europa an und schufen damit die idealen Lebensräume. Bis heute ist das „Reptil des Jahres 2011“ (DGHT) vor allem entlang der Weinanbaugebiete an Rhein, Ahr, Mosel und Neckar heimisch und bevorzugt hier die sonnigen Berghänge.
Der Körper der Mauereidechse ist zwischen fünf und sieben Zentimetern lang, flach und schlank. Mit Kopf und Schwanz erreicht sie 15 bis 20 Zentimeter. Der Schwanz kann wie bei allen Eidechsen abgetrennt werden, wird aber, wie auch die kräftigen Beine und langen Zehen, auch zum Klettern und Festkrallen benötigt. So können sie Oberflächen fast senkrecht erklimmen. Charakteristisch ist der flache, dreieckige Kopf. Die meisten Tiere sind grau bis bräunlich, einige eher grünlich, einige haben leuchtend blaue Flecken. Die Unterseite changiert zwischen Weiß, Gelb und Rottönen.
Lebensraum und Nahrung
Mauereidechsen leben in den wichtigsten Weinanbaugebieten vom Oberrhein bis nach Bonn. Da sich der Weinanbau in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt hat und zunehmend Maschinen und Chemikalien zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden, sind die Populationen hier zurückgegangen. Neue Lebensräume wie Gleisanlagen, Kiesgruben, alte Gemäuer, Steinbrüche oder Böschungen wurden erschlossen, weitere Regionen wie das Ruhrgebiet kamen hinzu. Insgesamt bevorzugt die Mauereidechse steinige und felsige Gebiete, die trocken und sonnenreich sind und Eiablageplätze, Nahrung und Verstecke bieten.
Zur Beute der Mauereidechsen gehören Insekten, Spinnen, Würmer, Schnecken, Larven und Asseln.
Lebensweise und Fortpflanzung
Obwohl Mauereidechsen wie ihre Verwandten warme Temperaturen bevorzugen, sind sie auch während der Wintermonate ab etwa zehn Grad bei Sonnenschein draußen unterwegs. Dafür unterbrechen sie ihre Winterruhe, die eigentlich von Oktober bis März dauert.
Im Frühjahr beginnt die Paarungszeit und die Männchen beginnen mit Revierkämpfen. Einige Wochen später werden die Weibchen aktiv und wählen ihre Partner.
Etwa vier Wochen nach der Paarung vergraben sie zwei bis zehn Eier im Boden, meist unterhalb von Felsen, Mauern oder Steinen. Nach sechs bis elf Wochen schlüpfen die Jungen, in der Regel zwischen Juli und September.
Gefährdung und Gefahren
Vor allem junge Eidechsen sind ein beliebter Leckerbissen für Schlingnattern. Aber auch Greifvögel, Krähen und Neuntöter verschmähen das Reptil nicht. Innerhalb der Europäischen Union ist die Mauereidechse streng geschützt, da sie durch den zunehmenden Verlust ihrer Lebensräume, vor allem durch die Nutzungssteigerung im Weinbau, als gefährdet gilt.
Östliche (Lacerta viridis) und Westliche (Lacerta bilineata) Smaragdeidechse
Nach Angaben des SWR ist die Smaragdeidechse noch vergleichsweise wenig erforscht. Fakt ist, dass es in Deutschland zwei Unterarten gibt, die Östliche und Westliche Smaragdeidechse. Äußerlich gibt es, außer im Schlüpflingsalter, allerdings praktisch keine Unterschiede. Schlüpflinge der Östlichen Smaragdeidechse sind noch braun, die der Westlichen Smaragdeidechse bereits an der Kopfunterseite grün. Ausgewachsene Smaragdeidechsen sind leuchtend hell- oder grasgrün sowie mit schwarzen Tupfen und Streifen gezeichnet.
Sie sind die größte heimische Art und werden bis zu 35 Zentimeter groß, in Südeuropa können es auch über 40 Zentimeter werden. Wie bei anderen Eidechsenarten machen zwei Drittel davon der Schwanz aus, den sie bei Gefahr abwerfen. Das zappelnde Stück lenkt Fressfeinde maximal 20 Minuten ab. Es wächst zwar nach, bildet dann aber lediglich einen langen Knorpel – ein zweites Mal klappt der Trick also nicht.
Lebensraum und Nahrung
Der Lebensraum der Westlichen Smaragdeidechse erstreckt sich von Nordspanien und Frankreich bis Italien, der von der Östlichen Smaragdeidechse vom Schwarzen Meer über den Balkan. In Deutschland kommt die Östliche Smaragdeidechse vor allem in zwei Regionen vor: Ost-Brandenburg und im Donautal östlich von Passau. Die Westliche Smaragdeidechse wiederum fühlt sich vor allem am Kaiserstuhl wohl: Hier sind die Populationen in den letzten zehn Jahren durch den Temperaturanstieg stark gewachsen.
Smaragdeidechsen bevorzugen sonnige und bepflanzte Hänge, Weinbergsmauern, offene und reichhaltige Strukturen sowie lichte Kieferbestände. Diese Gebiete sind fast nur noch in Naturschutzgebieten zu finden. Dort ernähren sie sich von Spinnen, Insekten, Asseln, Heuschrecken, Grillen, Käfern, Wespen und Hummeln; außerdem stehen Schnecken und Mäuse auf dem Speiseplan. Laut dem Bayrischen Landesamt für Umwelt fressen sie mitunter ihre Jungtiere sowie die anderer Arten.
Lebensweise und Fortpflanzung
Wie ihre Verwandten beenden Smaragdeidechsen Ende März bis Anfang April ihre Winterruhe. Nach der Häutung legen Männchen laut NABU ihr Paarungskleid mit auffällig blau gefärbtem Kopf an. Ihre Revierkämpfe sind wild und laut. Im Anschluss daran paaren sie sich mit den Weibchen, allerdings beschränken sich beide Geschlechter meist nicht auf einen Partner. Die Paarung folgt festen Spielregeln: Das Männchen beißt das Weibchen in die Schwanzwurzel und die Flanken, danach hält er es mit den Vorderbeinen fest. Die Eiablage erfolgt Ende Mai, eine zweite häufig Ende Juni. Dabei vergräbt das Weibchen fünf bis 15 Eier in lockerem Sand- oder Lehmboden, häufig nutzt es dafür die Abend- oder Nachtstunden.
Die Jungtiere schlüpfen je nach Witterung nach 50 bis 100 Tagen, viele von ihnen leben nur kurz. Insgesamt können Smaragdeidechsen fünf bis 15 Jahre alt werden. Sie sind tagaktiv und wie alle Eidechsen temperaturabhängig; ihre Minimaltemperatur liegt bei etwa 15 Grad. An sehr heißen Tagen sind sie nur morgens aktiv und ruhen nachmittags weitgehend aus.
Gefährdung und Gefahren
Auch Smaragdeidechsen sind eine beliebte Beute von Greifvögeln, Mardern, Igeln, Füchsen oder Katzen. Laut Deutsche Umwelthilfe wird ihr außerdem ihre beeindruckende Färbung zum Verhängnis, da sie als beliebte - und verbotene - Trophäe von Reptiliensammlern gilt. Viele der bevorzugten Lebensräume der Smaragdeidechsen fallen der heutigen Landwirtschaft, Braunkohletagebau oder Baumaßnahmen zum Opfer, so dass fast alle Populationen in Naturschutzgebieten leben. Auch Waldbrände stellen durch trockene und heiße Sommer eine ernstzunehmende Gefahr dar. Die Westliche Smaragdeidechse wurde in der Roten Liste als stark gefährdet eingestuft; die Östliche Smaragdeidechse ist in Brandenburg und Bayern vom Aussterben bedroht.