Der Buntspecht – der musikalische Handwerker
„Großer Baumhämmerer“ lautet der wissenschaftliche Name des Buntspechts. Der Trommelwirbel, den Buntspechte erzeugen, wenn sie flink auf den Ast schlagen, ist ihre Hauptart zu kommunizieren. Denn sie haben keine „Gesangsstimme“, nur ein helles scharfes „kix” als Warnruf.
Das Trommeln ist ein Signal, damit markiert der Vogel sein Revier oder geht auf die Suche nach einem Partner. Dies tun bei den Buntspechten übrigens Männchen und Weibchen gleichermaßen.
Merkmale
Der Buntspecht misst 23-26 cm und ist mit Abstand der häufigste Specht in Deutschland. Er hat einen schwarz-weißen Kopf, das Männchen mit einem roten Hinterkopffleck, sowie tiefrote Unterschwanzdecken. Die Tiere haben einen dunklen meißelförmigen Schnabel, schwarz-weiße Flügel und einen hellen Bauch. Jungvögel haben einen komplett roten Scheitel.
Um sich am Baum festzuhalten oder zu klettern, hat der Buntspecht Kletterfüße mit einer Wendezehe, die je nachdem, ob der Vogel herauf- oder hinunterklettert, eben gewendet werden kann. Außerdem dient ihm sein Stützschwanz wie ein dritter Fuß und gibt ihm am Stamm Sicherheit und Halt.
Lebensweise
Man kann den Buntspecht deutschlandweit ganzjährig sowohl in Laub- und Nadelwäldern finden als auch in Parks, Kulturlandschaften mit Alleen, Windschutzstreifen oder kleinen Baumgruppen, in Feldgehölzen und sogar in großen Gärten. Hauptsache dort gibt es viel Alt- und Totholz, das sind für ihn optimale Lebensräume mit ausreichend Nahrung und hohlen Bäumen als „Verstärker“ für sein Trommeln.
Meistens übernachten Spechte in ihren gebauten Höhlen, dort können sie sich sicher fühlen. Eine innere Uhr ist dabei auf den Sonnenstand abgestimmt und lässt die Tiere immer im gleichen Abstand zum Sonnenuntergang in Schlafstimmung kommen. Da die Tage im Winter kürzer werden, schlafen die Spechte zu dieser Jahreszeit besonders lang.
Buntspechte sind tagaktiv. Ein bekanntes Verhalten der Vögel nennt sich Spechtschmieden. Es besteht darin, in Rindenspalten von Bäumen Furchen zu zimmern und dort wie in einer Werkbank Nüsse oder Zapfen einzuklemmen. In diesen Spalten verbringen sie viel Zeit damit, die Nüsse zu öffnen und zu verspeisen. So ist es den Vögeln möglich, auch solche Lebensräume zu besiedeln, die nur ein geringes Angebot an tierischer Nahrung haben, dafür aber, zumindest zeitweise, große Mengen pflanzlicher Nahrung. Buntspechte haben eine Lebenserwartung von bis zu 15 Jahren.
Trommelnde Tischler
Um sich Gehör zu verschaffen, sucht der Buntspecht ein weithin tönendes Instrument, etwas mit einem guten Resonanzkörper. Im Wald sind das gewöhnlich Äste oder auch ein Baumstamm. Der Vogel lässt sich darauf nieder, plustert das Gefieder und senkt den Schnabel lotrecht auf sein ausgewähltes Instrument. Dann schlägt er seinen Wirbel, der bei den verschiedenen Spechtarten sehr unterschiedlich im Rhythmus, der Länge, der Schlagzahl sowie dem zeitlichen Abstand zwischen den Schlägen ist. Auch Buntspecht-Männchen und -Weibchen haben einen anderen Trommelwirbel, gewöhnlich sind die Wirbel der Weibchen etwas kürzer.
Buntspechte sind die Tischler des Waldes. Durch ihr Trommeln, das Inbegriff für den lebendigen Wald ist, zimmern sie mit ihrem kräftigen Meißelschnabel ihre eigenen Höhlen, aber auch die für die Brut der Kohl- und Tannenmeise, der Hohltaube sowie des Sperlingskauzes. Überhaupt hätten all die Höhlenbewohner von der Waldmaus und den Fledermäusen über die Eichhörnchen und Siebenschläfer bis zu den Bienen ohne ihn kein Zuhause.
Spechte bauen viel mehr Höhlen als sie für sich brauchen und stellen dabei hohe Ansprüche an deren Zustand. Da Buntspechte nur ein paar Stunden am Tag zimmern, wird nicht jedes Jahr eine neue Höhle fertig, aber dann bauen sie im nächsten Jahr einfach die Höhle weiter.
Spechte sind Meister Ihres Handwerks und wissen genau, wie sie ihren Meißel einsetzen müssen, ohne Kopfschmerzen zu bekommen. Sie suchen faule Äste und Stämme, wo sie beim Trommeln nicht viel Kraft aufwenden müssen. Außerdem fängt der Spechtschnabel die Wucht des Schlages auf. Auch sonst ist der Vogel anatomisch bestens angepasst für sein Handwerk. Die Knochenhülle des Gehirns ist stärker als bei anderen Vögeln. Zwischen den Augen befindet sich eine knöcherne Scheidewand, und an der Eintrittstelle des Sehnervs sind knorpelige Einlagerungen. Zwischen Schnabel und Schädel befindet sich so etwas wie ein Stoßdämpfer. Beide Teile sind federnd verbunden, sodass die Stoßenergie auch noch in Drehenergie umgewandelt wird.
Nahrung
Die Leibspeise des Buntspechts sind im Holz lebende Insekten und deren Larven, welche er im Totholz aufspürt und aus dem morschem Holz mithilfe seiner langen Zunge, die er bis zu 40 Millimeter weit vorstrecken kann, heraushackt. Außerdem fressen sie Fichten- und Kiefernsamen, weiche Früchte – vor allem Kirschen oder Erdbeeren – und gelegentlich sogar Eier anderer Vögel oder deren Jungen. Im Winter finden sie weniger Futter, weshalb sie auch an Meisenknödeln und Futterhäusern zu beobachten sind.
Im Frühjahr steigt in den Baumrinden der Saft an und die Buntspechte trommeln den süßen Nektar heraus und trinken ihn. Allein damit decken sie in den Frühlingsmonaten zwei Drittel ihres Nahrungsbedarfs ab. Besonders lecker finden sie Ahorn- und Birkensaft.
Fortpflanzung
Der Buntspecht ist wie alle Spechte ein Höhlenbrüter. Das Männchen fängt ab Ende März mit dem Bau mehrerer Höhlen an, bevor es sich für eine entscheidet und diese fertigstellt. In dieser Zeit trommelt es besonders viel, um Weibchen anzulocken. Auch die Weibchen melden sich per Trommelwirbel, wenn sie sich im Revier eines Männchens befinden, um auf sich aufmerksam zu machen.
Die Weibchen legen vier bis sieben weiße Eier, die etwa 11-13 Tage lang bebrütet werden. Ein Nest bauen die Tiere dafür nicht. Sie lassen einfach Holzspäne aus ihren Schmiedearbeiten auf dem Boden liegen, eine weiche saugfähige Unterlage für die Jungen. Und das morsche Holz wirkt wie Styropor angenehm wärmedämmend. Die Jungvögel werden etwa 3-4 Wochen lang gefüttert, bis sie das erste Mal ausfliegen, und werden danach noch bis zu zehn weitere Tage ernährt. Dabei kommen unter anderem Käfer, deren Larven, Raupen und Ameisen als Futter in Frage.
Wenn die Eltern ausfliegen, nehmen sie den Kot der Jungtiere mit. So bleibt die Bruthöhle sauber und bietet den wachsenden Jungvögeln mehr Platz. Meist versorgen die Buntspechte nur eine Brut pro Jahr.
Gefährdung
In Deutschland leben zwischen 450.000 und 900.000 Brutpaare. Jedes davon hat einen Aktionsraum von bis zu 60 Hektar. Die Population ist stabil und daher nicht gefährdet. Dennoch unterliegt der Buntspecht dem Artenschutz laut Bundesnaturschutzgesetz. Weder seine Brutplätze noch Lebensräume dürfen zerstört werden.
Spechte gibt es nur da, wo lebendige und vielfältige Wälder gedeihen. Deshalb sollte man sich für naturnahe Wälder sowie für ein naturverträgliches, bedachtes Aufforsten der durch den Borkenkäfer und die Hitze zerstörten Waldflächen einsetzen. Es sollte mehr Totholz im Wald gelassen und auf den Einsatz von Gift verzichtet werden, damit die Spechte und ihre Nahrung gesund bleiben. Gerade bei der Umgestaltung von Wäldern können viele Bürger mithelfen.
Buntspechte sind Standvögel und leben das ganze Jahr über bei uns. Somit kann auch hier jeder mit einem gut gepflegten Futterhaus in einem wilden Teil eines großen Gartens mit weichem Obst und Sämereien dem Buntspecht eine Freude bereiten. Auch Erdnüsse, Walnüsse und Haselnüsse nimmt er gerne an. Alte Bäume und Totholz im Garten sind eine weitere Möglichkeit, dem Buntspecht einen Lebensraum zu bieten.